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Lötoberflächen für Leiterplatten, Teil 3: Chemisch Zinn

Leiterplattenoberfläche chemisch Nickel-Zinn

Für die Lötoberfläche chemisch Zinn (chem. Sn) oder ISn (Immersion Tin) wird eine 0,8 bis 1,4 µm dünne Zinnschicht in einem nasschemischen Prozess auf die Kupferflächen abgeschieden. Dabei handelt es sich gemäß IPC-4554 um ≥ 0,6 µm Reinzinn (usable Tin).  Die Zinnschicht bildet eine planare Lötoberfläche und bietet damit die Voraussetzung für eine sehr gute Lötbarkeit der Finepitch-Bauteile. Nach der Abscheidung entsteht eine intermetallische Verbindungszone (IMC). Bei sachgemäßer Lagerung gibt der Leiterplattenhersteller 9 Monate Lötbarkeitsgewährleistung. Die Benetzung von Lötpads wird nach J-STD-003 bewertet. Mangelnde Benetzung im Lötprozess lässt sich optisch und röntgentechnisch gut erkennen.

Lötoberfläche chemisch Zinn
Aufnahme eines Anschlusspads mit chemisch Zinn-Oberfläche

Chemisch Zinn ist RoHS-konform und eignet sich für Einpresstechnik sowie spezielle Mikro-Einpresstechnik. Ungeeignet ist diese Oberfläche dagegen für jegliche Drahtbondprozesse. Als Lötoberfläche lässt sich chemisch Zinn mit einer galvanisch Nickel/Gold-Oberfläche für Steckerkontakte kombinieren. Chemisch Zinn und OSP (Organic Solderability Preservative, deutsch: organischer Oberflächenschutz) sind die einzigen Lötoberflächen, die sich bei Überlagerung oder bei schlechter Lötbarkeit im industriellen Maßstab refreshen lassen.

Zusatz von Silber verhindert Whisker-Bildung

Ein mögliches Fehlerbild bei reinem Zinn ist die Whisker-Bildung. Whisker sind sehr feine Einkristalle, mit einem Durchmesser von etwa 0,3 bis etwa 10 µm und einer Länge von bis zu mehreren Millimetern, die sich auf der Zinnoberfläche bilden und Kurzschlüsse verursachen können. Die Whisker-Bildung des Zinns lässt sich verfahrenstechnisch durch den Zusatz von Silber zuverlässig verhindern. Als Alternative zum Silber kommen auch sogenannte organische Metalle zum Einsatz. Immersion Tin wird auch als selbst-limitierender Prozess beschrieben, weil der Abscheideprozess der Zinnionen nur so lange aktiv ist, wie freie Kupferoberfläche zur Verfügung steht. Vorteilhaft sind kurze Prozesszeiten bei rund 70 °C, die das Basismaterial und den Lötstopplack der Leiterplatte nur minimal belasten.

Die Zinndiffusion in Kupfer kann durch Temperatureinwirkung beschleunigt werden. Daher ist die chemisch Zinn-Oberfläche sensibel für thermische Prozesse z.B. das Aushärten von Lacken, die nach der Lötoberfläche aufgetragen werden bzw. Trocknungsprozesse beim Verarbeiten von Starr-Flex-Leiterplatten. Aus diesem Grund gibt es spezielle Trocknungsempfehlungen und eine eingeschränkte Lötbarkeit. Die Schichtdicken des Zinns werden zerstörungsfrei mit einer Röntgenfluoreszenzanalyse ermittelt. Der angenommene Dichtefaktor für die Röntgenfluoreszenzmessung beträgt 7,3 g/cm³. Eine Reinzinn-Schichtdickenmessung ist dagegen nur mit einer zerstörenden coulometrischen Messung möglich. Chemisch Zinn ist im direkten Vergleich der Prozesskosten signifikant günstiger als chemisch Nickel/Gold. Bei den Kunden der KSG ist chemisch Zinn die am dritthäufigsten verwendete Lötoberfläche.

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